Inflationsausgleichsprämie: Stichtag und Rückzahlklauseln unwirksam
Die Inflationsausgleichsprämie (IAP) ist eine steuerfreie Leistung, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern zur Milderung der Inflation zahlen können. Viele Unternehmen knüpfen diese Zusage jedoch an Bedingungen wie das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag oder an eine Rückzahlungsklausel. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 21. Mai 2025 (Az.: 10 AZR 121/24) entschieden, dass solche Vorbehalte in einer Gesamtzusage unwirksam sind.
Der Fall: Kündigung verhindert IAP-Zahlung
Ein Arbeitgeber sagte seinen Mitarbeitern eine IAP zu, knüpfte die Zahlung aber an die Bedingung, dass der Mitarbeiter nicht bis zum 31. März 2023 kündigt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete durch dessen Kündigung bereits am 31. Dezember 2022. Die Zahlung wurde verweigert.
Das BAG hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und gab der Klage statt.
Die BAG-Entscheidung: Die Prämie ist (auch) Entgelt
Das Gericht stellte fest, dass die Vorbehalte gegen die Inhaltskontrolle von AGB verstoßen und den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen.
- Entgeltcharakter: Die IAP wird – zumindest auch – als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung geschuldet. Dies wird deutlich, weil Teilzeitbeschäftigte nur einen anteiligen Anspruch erhalten. Eine solche proportionale Kürzung bringt den Entgeltcharakter der Leistung zum Ausdruck.
- Verstoß gegen Grundgedanken: Das Gericht sah einen Verstoß gegen den Grundgedanken des $\S 611a$ Abs. 2 BGB, der den Arbeitsvertrag regelt. Eine Zahlung, die Entgeltcharakter hat, darf nicht durch Stichtagsregelungen oder Rückzahlungsklauseln vom zukünftigen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden.
- Unangemessene Benachteiligung: Die Klauseln schränken die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers ($\text{Art. } 12 \text{ Abs. } 1 \text{ GG}$) unzulässig ein, indem sie eine Kündigung ohne wichtigen Grund finanziell erschweren.
Konsequenzen für die Praxis
Die Entscheidung setzt die Rechtsprechung des BAG zu Stichtags- und Rückzahlungsklauseln fort.
- Höchste Sorgfalt geboten: Da bereits eine Teilzeitregelung als Beleg für den Entgeltcharakter ausreicht, müssen Arbeitgeber bei der Zusage von Sonderzahlungen extrem vorsichtig sein, wenn sie eine Rückzahlung oder das Nicht-Entstehen des Anspruchs bei Kündigung erreichen wollen.
- Alternative Instrumente: Die Beratung sollte prüfen, ob Instrumente wie eine Betriebsvereinbarung oder eine individuelle Vertragsgestaltung, die keine AGB darstellen, weitergehende Gestaltungsmöglichkeiten bieten.
Quellenangabe:
BAG, Urteil vom 21.05.2025, Az.: 10 AZR 121/24 (ArbRB 2025, 301).
$\S 307$ Abs. 2, Abs. 1 Satz 1, $\S 611a$ Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
$\text{Art. } 12 \text{ Abs. } 1 \text{ Grundgesetz (GG)}$.
$\S 3$ Nr. 11c Einkommensteuergesetz (EStG).
