Hinweisgeberschutzgesetz: Betriebsrat hat Mitbestimmung bei der Einrichtung der Meldestelle

Das LAG Schleswig-Holstein bejaht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Ausgestaltung einer gesetzlich vorgeschriebenen Meldestelle nach dem HinSchG. Die Entscheidung über intern oder extern bleibt aber beim Arbeitgeber.

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verpflichtet Arbeitgeber mit in der Regel 50 oder mehr Beschäftigten zur Einrichtung einer internen Meldestelle. Obwohl diese Pflicht gesetzlich zwingend ist, hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einem Beschluss vom 8. Juli 2025 (Az.: 2 TaBV 16/24) entschieden: Das „Wie“ der Durchführung unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach $\S 87$ Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Der Fall: Externe Meldestelle per Aushang

Ein Arbeitgeber (ca. 230 Mitarbeiter) richtete eine Meldestelle bei einer externen Rechtsanwaltskanzlei ein und informierte die Belegschaft per Aushang über die E-Mail-Adresse und das Vorgehen bei Meldungen. Der Betriebsrat sah darin einen Verstoß gegen sein Mitbestimmungsrecht und klagte.

Der Arbeitgeber argumentierte, die Einrichtung sei gesetzlich zwingend vorgegeben, weshalb keine Mitbestimmung bestehe.

Die LAG-Entscheidung: Spielräume beim Verfahren müssen ausgestaltet werden

Das LAG gab dem Betriebsrat Recht und erklärte die Einrichtung der Meldestelle ohne seine Zustimmung für mitbestimmungspflichtig.

  1. Das „Ob“ vs. das „Wie“:
    • Das „Ob“ der Einrichtung ist durch $\S 12$ HinSchG zwingend vorgeschrieben und unterliegt daher keiner Mitbestimmung.
    • Das „Wie“ der Durchführung des Meldeverfahrens hingegen lässt dem Arbeitgeber ausfüllungsbedürftige Spielräume. Diese betreffen die Ordnung des Betriebs und unterliegen somit dem Mitbestimmungsrecht nach $\S 87$ Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnung des Betriebs). Geklärt werden müssen etwa Fragen, wann ein meldepflichtiger Vorgang vorliegt und wie die konkrete Behandlung des Hinweises erfolgt.
  2. Organisationsentscheidung: Intern vs. Extern:
    • Die Entscheidung, ob die Meldestelle intern oder extern (z.B. bei einer Anwaltskanzlei) angesiedelt wird, ist eine reine Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und ist nicht mitbestimmungspflichtig.

Das Gericht ließ die Rechtsbeschwerde zum BAG zu, da noch keine höchstrichterliche Klärung vorliegt.

Konsequenzen für die Praxis

Das Urteil macht deutlich, dass Arbeitgeber trotz gesetzlicher Pflicht zur Einrichtung einer Hinweisgeberstelle den Betriebsrat aktiv in die Ausgestaltung des Prozesses einbinden müssen.

  • Verfahrensabläufe sind mitbestimmt: Die konkrete Ausgestaltung des Meldeverfahrens – also wann, wie und an wen sich die Arbeitnehmer wenden – muss in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden.
  • Wahl der Ansiedlung bleibt frei: Die freie Wahl, ob eine interne Stelle eingerichtet oder eine externe Kanzlei beauftragt wird, ist vom Mitbestimmungsrecht (nach Ansicht des LAG) nicht erfasst.
  • Achtung bei IT-Nutzung: Wird die Meldestelle unter Nutzung elektronischer Datenverarbeitung betrieben (z.B. ein elektronisches Postfach oder eine spezielle Software), kann zusätzlich auch das Mitbestimmungsrecht aus $\S 87$ Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen zur Überwachung) greifen.

Quellenangabe:

LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.07.2025, Az.: 2 TaBV 16/24 (ArbRB 2025, 308).

$\S 12$ Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), $\S 87$ Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).