Geschäftsführer-Drittanstellung: Wann Konzern-Delegation zur Arbeitnehmerüberlassung wird
In Konzernstrukturen ist es üblich, dass Geschäftsführer oder leitende Angestellte von einer Gesellschaft an eine andere Konzerntochter „delegiert“ werden (Drittanstellung). Diese Dreieckskonstellation ähnelt stark der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG), was erhebliche Rechtsrisiken birgt.
Das Risiko: Erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung
Verstöße gegen das AÜG sind nicht nur teuer (Bußgelder, Ausschluss von öffentlichen Aufträgen), sondern führen zur Unwirksamkeit der Verträge und zur Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher. Die zentrale Frage ist: Greift das AÜG bei Geschäftsführern?
1. Ist der Geschäftsführer ein Arbeitnehmer?
Das AÜG ist nur anwendbar, wenn der Delegierte als Arbeitnehmer im unionsrechtlichen Sinne gilt.
- Regelmäßig Arbeitnehmer: Fremdgeschäftsführer ohne Gesellschaftsbeteiligung oder Geschäftsführer mit einer Beteiligung von unter 50 % ohne Sperrminorität gelten meist als Arbeitnehmer im Sinne des AÜG.
- Nicht Arbeitnehmer: Ein Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer, da er nicht im erforderlichen Unterordnungsverhältnis steht.
2. Liegt eine Überlassung zur Arbeitsleistung vor?
Eine Überlassung setzt die Eingliederung in die Betriebsorganisation des Entleihers und dessen Weisungsgebundenheit voraus.
- Weisungsbindung ist anders: Die Weisungsbindung eines Geschäftsführers beruht auf dem Gesetz ($\S 37$ GmbHG) und besteht nur gegenüber der Gesellschafterversammlung – nicht gegenüber der entleihenden Gesellschaft.
- Achtung bei eingeschränkter Vertretung: Wird vertraglich vereinbart, dass der Geschäftsführer nicht allein vertretungsberechtigt ist und anderen Weisungen unterliegt, kann eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegen.
3. Das (fehlende) Konzernprivileg
Das sogenannte Konzernprivileg ($\S 1$ Abs. 3 Nr. 2 AÜG) nimmt Arbeitnehmerüberlassungen zwischen Konzernunternehmen nur dann vom Anwendungsbereich aus, wenn die Überlassung nicht zum Zweck der Überlassung erfolgt.
- Kein dauerhaftes Privileg: Die Bestellung eines Geschäftsführers ist in der Regel auf Dauer angelegt und deshalb nicht vom Konzernprivileg erfasst, da dieses nur für vorübergehende Arbeitsleistungen gilt.
Risikovermeidung durch Gemeinschaftsbetrieb
Da die Drittanstellung von Geschäftsführern meist keine Arbeitnehmerüberlassung darstellt, aber die Risiken erheblich sind, sollten Unternehmen präventiv handeln:
- Gemeinschaftsbetrieb bilden: Die Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs der beiden beteiligten Gesellschaften schließt eine Arbeitnehmerüberlassung aus. Hierbei werden Betriebsmittel und Personaleinsatz für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst.
- Rechtswirksamkeit der Drittanstellung prüfen: Die Drittanstellung bedarf oft einer Grundlage in der Satzung oder der Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung der bestellenden Gesellschaft.
Fazit:
Die Drittanstellung von Geschäftsführern ist eine rechtliche Grauzone, die komplexe Prüfungen erfordert. Wer auf Nummer sicher gehen will, vermeidet die Gestaltung, wenn der Geschäftsführer als Arbeitnehmer eingestuft werden könnte, oder schafft eine klare Struktur als Gemeinschaftsbetrieb.
Quellenangabe:
Ebba Herfs-Röttgen, „One size fits all – Drittanstellung von Geschäftsführern als erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung?“, ArbRB 2025, 315 ff.
$\S 1$ Abs. 1 und 3 Nr. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).
$\S 37$ GmbH-Gesetz (GmbHG).
Richtlinie 2008/104/EG.
