Betriebsrente: Keine Anpassungspflicht bei identischer Pensionskasse und Arbeitgeber
Arbeitgeber sind grundsätzlich verpflichtet, alle drei Jahre zu prüfen, ob die laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) angepasst werden müssen ($\S 16$ Abs. 1 BetrAVG). Diese Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht entfällt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn die bAV über eine Pensionskasse durchgeführt wird und alle Überschussanteile zur Erhöhung der Renten verwendet werden ($\S 16$ Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG).
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 6. Mai 2025 (Az.: 3 AZR 142/24) entschieden, dass diese sogenannte Escape-Klausel des $\S 16$ Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber und die Pensionskasse identisch sind.
I. Das Problem: Arbeitgeber gewährt Versorgung über sich selbst
Ein Kläger, der bis 2014 bei einer regulierten Pensionskasse in Form eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit beschäftigt war, erhielt eine Betriebsrente, die über die Pensionskasse selbst durchgeführt wurde. Er forderte die Anpassung seiner Betriebsrente, da der Beklagte (die Pensionskasse/Arbeitgeber) sich nicht auf $\S 16$ Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG berufen könne, da er gleichzeitig sein Arbeitgeber gewesen sei.
II. Die BAG-Entscheidung: Gesetzgeberische Kalkulationssicherheit geht vor
Das BAG wies die Revision des Klägers zurück.
- Anwendbarkeit der Escape-Klausel: Die Anpassungsprüfungspflicht entfällt, da die Versorgung über eine Pensionskasse durchgeführt wird und sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden.
- Identität ist irrelevant: Der Anwendung der Klausel steht die Identität von Arbeitgeber und Pensionskasse nicht entgegen.
- Gesetzgeberischer Zweck: Der Gesetzgeber hat die Verwendung der Überschussanteile als gleichwertig zur Anpassungsprüfungspflicht angesehen und wollte den Arbeitgebern eine Kalkulationssicherheit geben. Für diesen Zweck ist es unerheblich, ob Arbeitgeber und Pensionskasse voneinander getrennt oder identisch sind.
- Bestätigung der Voraussetzungen: Nach eingehender Prüfung der versicherungsaufsichtsrechtlichen Vorschriften (Satzung, Versicherungsbedingungen etc.) stellte das Gericht fest, dass die Voraussetzung der vollständigen Überschussverwendung erfüllt war.
III. Konsequenzen für die Praxis
Das Urteil schafft Rechtssicherheit für Pensionskassen, die ihren eigenen Mitarbeitern Versorgungszusagen erteilen, und bestätigt die breite Anwendbarkeit der Escape-Klausel.
- Fokus auf Überschussverwendung: Entscheidend ist, dass die Satzung und die vertraglichen Grundlagen der Pensionskasse gewährleisten, dass ab Rentenbeginn sämtliche Überschussanteile zur Leistungserhöhung genutzt werden.
- Prüfung der Versicherungsbedingungen: Die Entscheidung zeigt, dass zur Anwendung der Escape-Klausel eine tiefe Auseinandersetzung mit den Versicherungsbedingungen und dem Versicherungsaufsichtsrecht erforderlich ist.
Quellenangabe:
BAG, Urteil vom 06.05.2025, Az.: 3 AZR 142/24.
$\S 16$ Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG).
(Vorinstanz: LAG Düsseldorf – 12 Sa 683/23).
