Betriebsratswahl 2026: Dritte Geschlecht und die Minderheitenquote

Ein Fachbeitrag analysiert die Auswirkungen des Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) auf die Betriebsratswahl. Es wird geklärt, ob das dritte Geschlecht bei der Minderheitenquote berücksichtigt wird.

Die Betriebsratswahl 2026 steht vor der Tür und wirft angesichts der Einführung des Geschlechtseintrags „divers“ durch das Personenstandsgesetz (PStG) und das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) komplexe Fragen auf. Die gesetzliche Minderheitenquote ($\S 15$ Abs. 2 BetrVG) soll das unterrepräsentierte Geschlecht im Betriebsrat sichern. Doch bezieht der Begriff „Geschlecht“ auch das non-binäre, dritte Geschlecht ein?

I. Die umstrittene Minderheitenquote

Nach $\S 15$ Abs. 2 BetrVG muss das in der Belegschaft in der Minderheit befindliche Geschlecht mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein. Der Gesetzgeber ging bei der Einführung dieser Norm im Jahr 2001 von einem binären Geschlechterverständnis (Mann/Frau) aus.

  • Zahlenmäßige Relevanz: In größeren Belegschaften können Personen des non-binären Geschlechts zahlenmäßig relevant werden. Die Zuordnung zum dritten Geschlecht ist seit dem SBGG vereinfacht.
  • Fehlende gesetzliche Anpassung: Trotz der Änderung des PStG im Jahr 2018 und des neuen SBGG hat der Gesetzgeber die relevanten Vorschriften im BetrVG nicht angepasst. Dies wird als bewusstes Schweigen interpretiert.

II. Gerichtliche Auslegung: Der Schutz der Frauen steht im Vordergrund

Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat als erstes Gericht entschieden, dass die Normen zumindest auch das Minderheitengeschlecht im Verhältnis von Frauen und Männern schützen.

  • Binäres Verständnis bleibt dominant: Die herrschende Meinung und die Gerichte lehnen es ab, $\S 15$ Abs. 2 BetrVG im Sinne einer Drei-Geschlechter-Kategorie auszulegen. Die Norm dient primär dem verfassungsrechtlichen Ziel der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ($\text{Art. } 3 \text{ Abs. } 2 \text{ Satz } 2 \text{ GG}$).
  • Praktische Probleme: Eine Berücksichtigung des non-binären Geschlechts würde zu unpraktikablen Ergebnissen und großer Rechtsunsicherheit bei der Durchführung der Wahl führen, da das Gesetz hierfür keine Mechanismen vorsieht.

Zwischenergebnis: Bei der Betriebsratswahl 2026 sind bei der Feststellung des Minderheitengeschlechts gem. $\S 15$ Abs. 2 BetrVG ausschließlich die Geschlechter „Mann“ und „Frau“ zu berücksichtigen.

III. Änderung des Geschlechtseintrags während der Wahl

Das neue SBGG regelt die Auswirkungen eines Geschlechtswechsels auf die Besetzung von Gremien:

  • Maßgeblicher Zeitpunkt: Für die Gremienbesetzung ist das im Personenstandsregister eingetragene Geschlecht zum Zeitpunkt der Besetzung maßgeblich ($\S 7$ Abs. 1 SBGG).
  • Wahlverfahren: Ändert ein Wahlbewerber seinen Geschlechtseintrag vor der Bekanntgabe des Wahlergebnisses, muss der Wahlvorstand dies berücksichtigen.
  • Kontinuität: Eine spätere Änderung des Geschlechtseintrags während der Amtszeit hat keinen Einfluss auf die laufende Zusammensetzung des Betriebsrats ($\S 7$ Abs. 2 SBGG).

Quellenangabe:

Prof. Dr. Knut Werner Lange, „Die Geschlechterquote nach $\S 15$ Abs. 2 BetrVG und das dritte Geschlecht“, ArbRB 2025, 344 ff.

$\S 15$ Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

$\S 22$ Abs. 3 Personenstandsgesetz (PStG).

Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG).