Betriebsratsvergütung: Wie die „hypothetische Karriere“ das Gehalt steigert

Darf Betriebsratsarbeit die Karriere fördern? Das BAG-Urteil vom 13.08.2025 klärt, wie im Amt erworbene Qualifikationen bei der Gehaltsberechnung und fiktiven Beförderung rechtssicher genutzt werden.

Betriebsratsarbeit als Karrierefaktor: Das neue BAG-Urteil zur Vergütung

Die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern ist ein rechtliches Minenfeld. Einerseits verbietet das Betriebsverfassungsgesetz in § 78 Satz 2 BetrVG eine Benachteiligung wegen des Amtes, andererseits darf keine unzulässige Begünstigung stattfinden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seinem Urteil vom 13.08.2025 (Az. 7 AZR 174/24) nun eine wegweisende Entscheidung getroffen, die zeigt, dass die „hypothetische Karriere“ eines freigestellten Mitglieds durchaus steil nach oben führen kann.

Der Kern des Urteils: Qualifikation durch das AmtIm Zentrum des Falls stand ein langjähriger Betriebsratsvorsitzender, der nach einer internen Compliance-Prüfung herabgestuft wurde. Er forderte jedoch die Vergütung eines Dispositionsleiters. Das entscheidende Argument: Durch seine jahrelange Arbeit im Betriebsrat hatte er sich tiefe Kenntnisse in Verwaltungs- und Personalabläufen angeeignet, die ihn für die höhere Position qualifizierten.

Das BAG stellte klar, dass im Rahmen einer sogenannten „fiktiven Beförderung“ geprüft werden muss, welchen Weg der Arbeitnehmer ohne sein Mandat eingeschlagen hätte. Neu ist hierbei die Deutlichkeit, mit der das Gericht feststellt: Fähigkeiten und Weiterbildungen, die ein Mitglied unmittelbar durch seine Betriebsratstätigkeit erwirbt, dürfen bei dieser Prognose nicht ignoriert werden.

Honorierung ist keine unzulässige BegünstigungOft wurde argumentiert, dass die Berücksichtigung solcher „Amts-Kenntnisse“ eine unzulässige Begünstigung darstelle, da andere Arbeitnehmer diese Chancen nicht im gleichen Maße hätten. Dem widersprach das BAG entschieden. Eine Besserstellung ist nur dann unzulässig, wenn sie allein durch die Amtstätigkeit als solche veranlasst ist – also quasi ein „Bonus“ für den Titel ist. Wird jedoch die tatsächliche individuelle Qualifikation honoriert, die sich jemand im Laufe der Zeit angeeignet hat, handelt es sich um eine zulässige Berücksichtigung der beruflichen Entwicklung.

Trennung von Ehrenamt und ArbeitsverhältnisObwohl die Betriebsratstätigkeit gemäß § 37 Abs. 1 BetrVG ein unentgeltliches Ehrenamt ist, darf dies nicht dazu führen, dass die dort erworbenen Kompetenzen im Arbeitsverhältnis wertlos sind. Das Gericht betont die strikte Trennung: Das Ehrenamt darf weder negativ noch positiv gewertet werden – die dadurch erlangten Kenntnisse sind jedoch objektive Qualifikationen, die wie jede andere externe Fortbildung zu behandeln sind.

Fazit für die PraxisFür Unternehmen bedeutet dies eine höhere Anforderung an die Dokumentation von Vergleichsgruppen und Karrierepfaden. Für Betriebsratsmitglieder stärkt das Urteil die Position, dass eine Freistellung kein „Karriere-Aus“ bedeutet, sondern dass die dort erbrachte Managementleistung den Weg in höhere Gehaltsklassen ebnen kann, sofern die Stelle auch ohne Mandat erreichbar gewesen wäre.

Quellenangabe

Rechtsquelle: § 78 Satz 2 BetrVG (Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot); § 37 Abs. 1 BetrVG (Ehrenamtlichkeit).

Urteil: Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 13.08.2025 – 7 AZR 174/24.

Vorinstanz: LAG Hessen, Urteil vom 23.01.2024 – 15 Sa 512/23.

Redaktionelle Referenz: beck-aktuell, Redaktion (tbh), Nachricht vom 19. Dezember 2025.