Abmahnung von Betriebsratsmitglied: Urteilsverfahren statt Beschlussverfahren

Ein Urteil des Hessischen LAG klärt die Verfahrensart: Eine Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte muss im Urteilsverfahren erfolgen, auch bei Verweis auf das Behinderungsverbot.

Die Abmahnung eines Betriebsratsmitglieds ist immer ein heikles Thema. Wenn das Mitglied die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte verlangt, stellt sich die Frage, welches Gerichtsverfahren das richtige ist: das Urteilsverfahren oder das Beschlussverfahren? Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) hat in einem Beschluss vom 9. Juli 2025 (Az.: 16 Ta 401/25) klargestellt, dass in diesem Fall das Urteilsverfahren die statthafte Verfahrensart ist.

Das Problem: Individualrecht vs. Kollektivrecht

Ein Betriebsratsmitglied wurde wegen einer beleidigenden Äußerung abgemahnt. Das Mitglied leitete daraufhin ein Beschlussverfahren ein. Es argumentierte, die Abmahnung sei eine unzulässige Behinderung der Betriebsratstätigkeit nach $\S 78$ BetrVG, was eine kollektivrechtliche Streitigkeit darstelle. Die Arbeitgeberin hielt dem entgegen, es gehe um die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, die ins Urteilsverfahren gehöre.

Die LAG-Entscheidung: Die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten steht im Vordergrund

Das LAG wies die sofortige Beschwerde des Betriebsratsmitglieds zurück und bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts:

  1. Kern der Streitigkeit: Im Vordergrund des Streits steht die Frage, ob das Betriebsratsmitglied eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt hat. Der Anspruch auf Entfernung von Unterlagen aus der Personalakte ist somit primär individualarbeitsrechtlicher Natur.
  2. Bestimmung der Verfahrensart: $\S 2$ Abs. 1 Nr. 3a ArbGG bestimmt, dass Ansprüche auf Entfernung von Unterlagen aus der Personalakte stets im Urteilsverfahren geltend zu machen sind. Dies gilt auch, wenn der Anspruch zusätzlich auf eine kollektivrechtliche Norm wie $\S 78$ BetrVG gestützt wird.

Konsequenzen für die Praxis

Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für alle, die in der Personalarbeit tätig sind.

  • Verfahrensart ist entscheidend: Die falsche Wahl der Verfahrensart führt zur Unzulässigkeit der Klage. Bei Abmahnungen steht die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten im Vordergrund, und das Urteilsverfahren ist zu wählen.
  • Nur Pflichtverletzung "anlässlich" der BR-Tätigkeit: Wird eine Pflichtverletzung lediglich "anlässlich" der Betriebsratstätigkeit gerügt, ändert dies nichts an der Verfahrensart. Der kollektive Charakter des $\S 78$ BetrVG allein macht die Klage nicht zu einer kollektivrechtlichen Streitigkeit.

Quellenangabe:

Hessisches LAG, Beschluss vom 09.07.2025, Az.: 16 Ta 401/25 (ArbRB 2025, 309).

$\S 2$ Abs. 1 Nr. 3a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG).

$\S 78$ Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).